Sonnenaufgang Sonnenaufgang

    Schule in Wintermoor

    Informationen zur ehemaligen Schule in Wintermoor

    Auf Betreiben des 1850 gegründeten Schulverbandes der Ortschaften Barrl, Wintermoor-Geversdorf, Wintermoor an der Chaussee und Reinsehlen konnte bereits ein Jahr später das neue Schulhaus in Betrieb genommen werden. Es wurde im Zuge der Verkopplung auf einem von der damaligen Regierung zugewiesenen 40 Morgen großen Stück Heide- und Moorwildnis, fernab der Dörfer des Schulverbandes, gebaut.

    Die neu gebaute Schule war eine Hofanlage, bestehend aus einem mit Stroh gedeckten Fachwerkhaus. Hierin befand sich die Diele mit einem offenen Stall für drei bis vier Stück Rindvieh und einigen Schweinen. Gegenüberliegend war der Keller mit einem Raum darüber für die Aufbewahrung der Streu. Daran schlossen sich die Kammern des Lehrers und die ca. 25 qm große Schulstube mit einem räuchernden Ofen für 80 Kinder an. Außerdem befanden sich auf dem Hof noch ein Schuppen für Feuerung, ein Ziehbrunnen und ein Abort mit jeweils drei Sitzen für Jungen und Mädchen, einen Sitz für den Lehrer und ein Pissoir, die durch Bretterwände getrennt waren.

    Der erste Lehrer, Johann Christian Ahlborn, war, wie vom Schulvorstand gewünscht, jung und von kräftiger Statur. Er sollte schließlich sein Einkommen größtenteils mit der Landwirtschaft erwirtschaften. Für ihn hieß es aber, dass erst einmal das Land urbar gemacht werden musste. Dies gelang ihm gut und so konnte er nach 36 Jahren „Schuldienst“ seinen Nachfolgern 83 Obstbäume und 19 Stücke Ackerland überlassen.

    Für die Kinder war ein regelmäßiger Schulbesuch kaum möglich, da es keine ausgebauten Wege gab und sie von Wintermoor an der Chaussee auf dem sogenannten „Schulsteig“ durch das Moor von Bult zu Bult springen mussten und bei schlechtem Wetter zu Hause blieben oder mit nassen Füssen zum Unterricht kamen. Grassierten die Frieseln, Masern, „Stickhusten“ oder gar die neue Modekrankheit „Influenza“, kam es des Öfteren zu Schulschließungen. Sommer- und Herbstferien hatte man auch schon mal zusammengelegt, wenn die Witterungsbedingungen schlecht waren und zu Hause bei der Ernte jede Hand gebraucht wurde.

    Im Unterricht taten sich die Kinder, die aus dem Elternhaus nur die plattdeutsche Sprache gewohnt waren, sehr schwer. 1890 schrieb Lehrer J. H. Meyer in der Schulchronik: „Die Neulinge verstehen kein Wort von dem Hochdeutsch. Es ist ordentlich traurig anzusehen, wie sie so teilnahmslos und einfältig dasitzen.“ Er berichtete aber auch von einer Weihnachtsfeier: „Die Eltern haben in großer Zahl an der Feier teilgenommen. Den Kindern ist es eine große Freude, da wohl in keinem Hause ein Tannenbaum gemacht wird.“ Lehrer Meyer schaffte auch die ersten Turngeräte in der Wintermoorer Schule an.

    Erst zu den Zeiten des Lehrers Otto Bergmann (1896-1937) gab es wesentliche Verbesserungen im Schulbetrieb. Bereits 1898 wurde ein neuer Schweinestall gebaut und 1901 erfolgte die Schulhauserweiterung. 1903 brachte Lehrer Bergmann es fertig, gegen den Willen des Vorstandes der Schulgemeinde und zur Freude der Kinder eine Badeanstalt auf dem Gelände zu bauen. Diese bestand aus einem 500 Liter fassenden Wasserbassin, einer Badewanne mit Brause, vier warmen und einer kalten Dusche.

    Mit dem Bau der Eisenbahnlinie von Hannover nach Buchholz in der Nordheide erhielt die Ortschaft Wintermoor an der Chaussee 1901 einen Bahnhof. Eine Wegeverbindung von dort zur Schule wurde erst sieben Jahre später gebaut und weitere drei Jahre darauf erfolgte die Fertigstellung des Schulweges nach Wintermoor-Geversdorf.

    Neben den ortsansässigen Schülern mussten Hütekinder sowie aus Harburg kommende Waisenkinder unterrichtet werden, wie aus der Chronik zu entnehmen ist.

    1914 brach der Erste Weltkrieg aus. Lehrer Bergmann schreibt hierzu: „Er kam den Leuten wie ein Blitz aus heiterem Himmel.“ Viele seiner ehemaligen Schüler wurden eingezogen und ließen auf dem „Felde der Ehre“ ihr Leben. Bergmann wollte den Gefallenen ein Denkmal auf dem Schulgrundstück errichten, doch dieses Ansinnen konnte erst sein Nachfolger Karl Herkendell 1939 vollbringen. Das Ehrenmal wurde auf der „Heidkoppel“, einem der Schule gegenüberliegenden Grundstück, errichtet.

    Kurz bevor Otto Bergmann in den wohlverdienten Ruhestand ging, erwirkte er für die Wintermoorer Schule eine zweite Lehrerstelle und einen Schulneubau, der am 6. Juli 1936 eingeweiht werden konnte. Hierzu schrieb er begeistert in der Schulchronik: „Der Bau ist prachtvoll ausgefallen. Die Klassenräume sind die schönsten im Kreise Soltau. Es ist eine Lust darin zu unterrichten. Ich wollte, ich hätte schon vor 41 Jahren in solchem Klassenraum unterrichten können.“

    Turbulent waren die Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Schule, die für die 60 - 80 Schüler der Ortschaften ausgelegt war, musste die Kinder der Vertriebenen aus dem Osten mit aufnehmen. 1950 kam es zur Auflösung des Flüchtlingslagers Reinsehlen und der dortigen provisorischen Schule mit 340 - 370 Schülern. Nun zählte Lehrer Herkendell 149 Schüler, die in der Wintermoorer Schule zu unterrichten waren und sah sich deswegen gezwungen, den Unterricht in Schichten abzuhalten, und zwar vormittags, mittags und nachmittags. In dieser Zeit wurde auch das Lehrerhaus erneuert. Das Fachwerk wurde entfernt und das Strohdach durch Ziegel ersetzt.

    Im Laufe der nächsten Jahre entspannte sich die Lage etwas, und die Schülerzahlen gingen zurück. Trotzdem entbrannte zwischen den Dörfern der Schulgemeinde ein Streit um einen Schulneubau in Wintermoor an der Chaussee. Dieser Streit löste einen Schulstreik aus. Die Eltern schickten ihre Kinder nicht in die Schule, wie Hans-Jürgen Schmidt zu berichten weiß.

    Wie wir wissen, kam es auch zu keinem Bau einer neuen Schule. Dafür wurde 1959 in Wintermoor an der Chaussee ein „Spritzenhaus“ für die Feuerwehr errichtet. Dieses neue Haus bot nicht nur den Schülern der 3. und 4. Klasse Raum für den Unterricht. Es diente auch der Kirche für den Konfirmandenunterricht, der vormals in der Schule und in der Wintermoorer Friedhofskapelle abgehalten wurde.

    Das „Kriegerdenkmal“ musste von den Schülern der Ortschaften geharkt und sauber gehalten werden. Bei einem Wettbewerb um die Denkmalpflege hatten die Kinder aus Wintermoor den dritten Platz errungen und einen Handspindelrasenmäher gewonnen. Mit dieser Errungenschaft durften sie dann künftig auch den Sportplatz mähen, der hinter der Schule angelegt war.

    1976 kam mit der Gebietsreform das „AUS“ für die Wintermoorer Schule. Die verbliebenen Klassen wurden „abgeschult“, und die Kinder der Dörfer besuchen seitdem die Schulen in Schneverdingen.

    In den Gebäuden der „alten Schule“ richtete die damalige ENDO-Klinik, eine Spezialklinik für Knochen und Gelenkchirurgie, die das ehemalige Waldkrankenhaus in Wintermoor übernommen hatte, zunächst ihren Betriebskindergarten ein. Der Träger des Kindergartens wurde der DRK-Ortsverein Schneverdingen. Bereits ab 6:00 Uhr morgens konnten die Krankenschwestern ihre Säuglinge und Kleinkinder zur Betreuung abgeben. Von den freien Plätzen der Einrichtung profitierten die Eltern und Kinder aus Wintermoor und Umgebung, die nun zwar keine Schule mehr hatten, dafür aber eine Kindertagesstätte, die auch nach Schließung der ENDO-Klinik mit drei Gruppen erfolgreich weiter betrieben wird.

    Karin Meyer
    Ortsvorsteherin der Ortschaft Ehrhorn

    Kontakt